Samstag, 26. November 2016

Mindset und Stress

Bis zum Jahr 2010 habe ich mein Brot in der Theaterwelt verdient. Unter anderem als Regisseur für Oper und Schauspiel. Gerade zu den Endproben und zur Premiere wurden alle hektisch, vermissten etwas, hatten Texte vergessen und so weiter. Ich stand meist neben dem Inspizientenpult und wurde dabei seltsamerweise immer ruhiger, fokussierter und behielt gleichzeitig den Überblick. Auch wenn meine Haltung dazu führte, das noch mehr Menschen mich mit Informationen bombadierten und Fragen stellten.
Je länger ich mich später mit dem Phänomen Stress beschäftigte, umso mehr wollte ich verstehen, warum ich in solchen Situationen anders reagiert hatte als der Rest der Beteiligten. Es wurde mir schnell klar, dass es etwas mit meiner Sicht auf die Situation zu tun haben musste. Denn ich hatte keine Angst, kannte kein Lampenfieber, sondern freute mich auf die Abende. Aber irgendwie genügte das meiner Wissbegierde nicht. Schliesslich stiess ich auf die Studien von Dr. Alia Crum. Sie hat durch zahlreiche wissenschaftliche Versuche nachgewiesen, dass unsere Einstellung, unser Gedankenbild direkten Einfluss auf unseren Körper nimmt. So wie Körperhaltung und Lachen eine hormonelle Reaktion auslöst, tut dies auch unser Mindset. Wenn wir denken, etwas würde uns helfen, dann tut es das auch (der sogenannte Placebo-Effekt). Wenn wir denken, etwas mache satt reagiert der Körper stärker auf unsere Einstellung, als auf die tatsächlich zugefügten Kalorien, indem er das appetitanregende Hormon Grhelin reduziert.
Unser Denken beeinflusst unmittelbar unseren Stoffwechsel über Hormone. Das passiert auch, wenn wir Stress als negativ ansehen. Sofort reagiert unser Körper dementsprechend und wir empfinden die schlechten Seiten von Stress. Die guten Seiten wie Wachheit, Fokussierung und Leistungsstärke nehmen wir damit deutlich vermindert zur Kenntnis. Und ohne Antrieb oder Eustress, also positiven Stress wären viele Leistungen im Sport, genauso wie in der Forschung und Entwicklung nie zustande gekommen.
Wenn Du es also schaffst, eine positive, oder wenigstens neutrale Sicht auf die Dinge und Personen zu werfen, die Dich stressen, hast Du schon extrem viel für Deine Gesundheit getan.
Die Studien haben mir endlich erklärt, warum ich die stressigen Umstände vor Premieren so positiv empfunden habe. Und ich bin froh darüber, denn meine Einstellung ist mit Sicherheit ein Grund, warum ich mein bisheriges Leben so gesund verbracht habe. Den Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Seminars zum Thema "Besser mit Stress umgehen" kurz vor Weihnachten werde ich auf alle Fälle auch diesen Aspekt nahe bringen.